Musik als märchenhafte Grenzüberschreitung
Alt und Neu. Formstrenge und Freiheit. Fantasie und Logik. Harfe und Akkordeon. Was auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, wird im Programm „Scented Rushes“ von DUO OXYMORON zu einem stimmigen Ganzen. Die Harfenistin Anna Steinkogler und der Akkordeonist Valentin Butt erschaffen in ihrem Debütalbum und gleichnamigen Konzertprogramm ein eigenständiges, faszinierendes Klanguniversum, in dem Gegensätze nicht nur koexistieren, sondern sich gegenseitig beflügeln.
Mit sicherem Gespür für Klangfarben und Poesie kombinieren sie Elemente aus Jazz, Klassik, Neoklassik, zeitgenössischer Musik und world music – immer auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen, immer mit einem Augenzwinkern. Die Musik wirkt wie eine Reise durch märchenhafte Zwischenwelten: mal zart und intim, dann wieder verspielt, virtuos und mitreißend. Dabei wird Bekanntes bewusst auf den Kopf gestellt – ganz im Sinne von Lewis Carroll, dem geistigen Paten des Abends.
In ihrer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Humor, in ihrer Lust am Spiel mit Kategorien und ihrer Abneigung gegen stilistische Schubladen fühlen sich die beiden Musiker*innen dem Autor der Alice-im-Wunderland-Romane verbunden. Ihre Musik ist eine Hommage an Carrolls poetische Unbefangenheit und ein Weiterdenken seines Grenzgangs – diesmal in Klangform.
Das Programm bringt verschiedene Märchenwelten miteinander ins Gespräch: etwa Maurice Ravels berühmte Suite „Ma Mère l’Oye“ (Mutter Gans), ein feinsinniges Klanggemälde, das die Poesie der Kindheit liebevoll heraufbeschwört. Dem gegenüber steht die eigens komponierte Suite „Scented Rushes“ – maßgeschneidert für Harfe und Akkordeon, reich an Farben, Rhythmen und überraschenden Wendungen. Als verbindendes Element wirken die Tangos von Astor Piazzolla, der selbst ein musikalischer Grenzgänger war und die klassische Form mit folkloristischer Tiefe vereinte.
„Scented Rushes“ ist kein gewöhnliches Konzert, sondern ein musikalischer Erzähldialog – klug, verspielt und jenseits aller Konventionen. Wer bereit ist, sich auf fließende Grenzen einzulassen, wird mit einem Abend belohnt, der Kopf, Herz und Sinne gleichermaßen anspricht.